Als Erzherzog Franz Ferdinand an einem Junitag des Jahres 1914 in Sarajevo eintrifft, ist Rafael Pinto damit beschäftigt, hinter dem Tresen der Apotheke, die er von seinem Vater geerbt hat, Kräuter zu zerkleinern. Es ist nicht ganz das Leben, das er sich während seiner Studententage im libertären Wien vorgestellt hatte, aber es ist nichts, was ein Schuss Laudanum, ein Spaziergang und Tagträumereien nicht in Wohlgefallen auflösen könnten.
Und dann explodiert die Welt. Der Krieg verschlingt alles, was er kannte, und das Einzige, worauf Pinto hinlebt, ist die Zuneigung von Osman, einem Kameraden, einem Mann der Tat, der Pintos poetische Seele komplementiert. Ein charismatischer Geschichtenerzähler und Pintos Beschützer und Liebhaber.
Gemeinsam entkommen Pinto und Osman den Schützengräben und geraten in die Fänge von Spionen und Bolschewiken. Während sie über Berge und durch Wüsten reisen, von einer Welt in die andere, bis nach Shanghai, ist es einzig Pintos Liebe zu Osman, die überleben wird.
»Als Schriftsteller ist sich Hemon bewusst, wie trickreich man Erinnerungen verfälschen kann, damit sie literaturtauglich werden. Für die Leser sind sie ein Geschenk.« NZZ
Aleksandar Hemon
1964 in Sarajevo geboren, kam 1992 als Stipendiat in die USA. Nach dem Ausbruch des Bosnienkrieges bekam er dort Asyl. Er lebt in Chicago und ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet. Er schreibt in englischer Sprache.
In seinen Werken finden sich oft autobiographische Elemente, so ist seine Figur Jozef Pronek in Die Sache mit Bruno und Nowhere Man auftretend, ein aus Sarajevo stammender US-Einwanderer in Chicago. In dem Roman Lazarus, in dem die Geschichte des 1908 in Chicago erschossenen jüdischen Einwanderers Lazarus Averbuch rekonstruiert wird und der 2011 den Premio Gregor von Rezzori erhielt, trägt Hemons literarisches Alter Ego den Namen Vladimir Brik.
2021 erschien Meine Eltern/Alles nicht dein Eigen, zwei Titel und zwei Bücher in einem. In Meine Eltern schreibt Hemon Essays über die subjektiven Erinnerungen seiner Familie, über das Trauma ihrer Vertreibung und ihre Entwurzelung; in Alles nicht dein Eigen erzählt er seine eigene Kindheit in kurzen szenischen Momenten.