Sebastian Haffners Roman „Abschied“ ist ein literarisches Kleinod, das erst viele Jahrzehnte nach seiner Entstehung veröffentlicht wurde. Geschrieben im Jahr 1932, blieb das Manuskript lange Zeit unbeachtet, bis es 2025 postum erschien. Der Roman erzählt die Geschichte von Raimund, einem jungen Deutschen, der für vierzehn Tage nach Paris reist, um seine Jugendliebe Teddy wiederzusehen. Teddy lebt dort ein freies, künstlerisches Leben, umgeben von Bewunderern und geprägt von einer gewissen Unverbindlichkeit. Raimund versucht, sie für sich zu gewinnen, doch die Zeit ist knapp und Teddy bleibt unentschlossen. Am Ende steht ein stiller, schmerzhafter Abschied am Gare du Nord – ein Moment voller Melancholie und verpasster Möglichkeiten.
Der Roman ist atmosphärisch dicht und erinnert in seiner Tonlage an Autoren wie Kurt Tucholsky oder Vicky Baum. Er zeichnet ein Bild von Europa in einer Zeit, in der die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs noch nicht absehbar war, und vermittelt eine fast nostalgische Leichtigkeit. Kritiker loben die emotionale Tiefe und die literarische Qualität des Textes, der zugleich ein Zeitdokument und eine Liebesgeschichte ist.
Sebastian Haffner
mit bürgerlichem Namen Raimund Pretzel, wurde 1907 in Berlin geboren und starb 1999 ebenda. Er war Jurist, Journalist und Historiker, bekannt für seine scharfsinnigen Analysen der deutschen Geschichte. 1938 emigrierte er nach Großbritannien, wo er unter dem Pseudonym „Sebastian Haffner“ publizierte – eine Namenswahl, die auf seine Bewunderung für Mozart und Bach zurückgeht. Nach dem Krieg kehrte er nach Deutschland zurück und schrieb für große Zeitungen wie Die Welt und Stern. Seine Werke, darunter „Geschichte eines Deutschen“, „Anmerkungen zu Hitler“ und „Von Bismarck zu Hitler“, gelten bis heute als wichtige Beiträge zur politischen Bildung und historischen Aufarbeitung.
Haffner war ein unabhängiger Geist, dessen Texte durch Klarheit, historische Weitsicht und sprachliche Eleganz bestechen. Sein postum veröffentlichter Roman „Abschied“ zeigt eine andere, persönliche Seite des Autors – eine Liebesgeschichte, die zugleich ein Abschied von einer Epoche ist.